Projektreise mit dem AK Pater Beda – Centro dos Direitos Humanos DOM ADRIANO HIPÓLITO in Nova Iguaçu, 08.- 10.04.2015

Als wir auf dem Corcovado unter dem Christo Redentor stehen und den phantastischen 360°-Ausblick auf Rio de Janeiro genießen, verstehe ich den Namen der Stadt, d.h. warum die portugiesischen Seefahrer um Americo Vespucci im Januar 1502 die Bucht für eine Flussmündung hielten. Im Osten zum Atlantik hin ist auf dem Foto der Zuckerhut zu sehen.
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Das Projekt des Aktionskreises, das wir auf der letzten Station unserer Rundreise besuchen, befindet sich in Nova Iguaçu, dem 1 Millionen Einwohner zählenden „Schlafsaal“ für die „Hausangestellten“ Rios südlich der 9 Millionen – Metropole: das Menschenrechtszentrum, eins der Sozialpastorale der hiesigen Diozöse des Bischofs Dom Luciano Bergamim.

Menschenrechte – ein heikles Thema in einem von Korruption zerfressenen Land, in dem man nach Helder Camara ein Christ ist, wenn man auf die Armut im Land hinweist, und ein Kommunist, wenn man sagt, warum es diese Armut gibt. So wurden auch mehrfach Anschläge auf Dom Adriano Hipólito, der die Arbeit in der Diozöse von 1966 – 1994 prägte, ausgeübt.1978 hat ihn die Militärregierung z.B. mit dem Auto von der Straße abgedrängt, ihn nackt ausgezogen und mit roter Farbe angemalt. „Das einfache Volk hat mich bekehrt“, sein Glaube hatte eine zunehmend politische Dimension. „Eure Hilfe lässt uns frei arbeiten“, bedankte er sich für die finanzielle Unterstützung des Aktionskreises Pater Beda. Seit Anfang der 70iger Jahre fließen Gelder in das Menschenrechtszentrum, heute monatlich 5000 Euro. Dazu kommen 750 Euro von der Kindermission. Aber auch andere investier(t)en in dieses Engagement: Das Bistum Köln z.B. 500000 DM in den Bau des Gebäudes.
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Die Diozöse Nova Iguaçu bezahlt die Sozialabgaben der Zentrumsmitarbeiter. Sie gehört übrigens zu den 26 ausgewählten Diözesen der 270 Brasiliens ( In Deutschland 27), die einen Sachstandsbericht zur Sozialen Lage des Landes erstellen.
Im Bild die beiden Mitarbeiterinnen: Sozialarbeiterin und Ordensschwester Yolanda links und Hercilia, die für Buchführung und Organisation zuständig ist, rechts:
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Nova Iguacu hatte und hat infolge der fehlenden Entwicklung des Hinterlandes einen starken Zuzug vor allem aus dem Nordosten Brasiliens. Das Resultat: Favelas und illegale Besetzungen. Eine der Hauptaufgaben des Menschenrechtszentrums ist es, diese urbanen Besetzungen zu legalisieren.
Hierfür wurde ein Rechtsbeistand eingerichtet, der die Menschen im Kampf um die Legalisierung ihres Wohnens begleitet.
Am Tag unserer Abfahrt sehen wir uns noch das Gelände eines ehemaligen Hospitals an, auf dem nun nach einer 10 jährigen Geschichte von Besetzung und Versprechungen im Juni 800 Appartements im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus fertiggestellt werden. „Mia casa, mia vida“ nennt sich das staatlich geförderte Programm.
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60 Familien, die das Menschenrechtszentrum seit Jahren in ihrem Kampf unterstützt, werden hier in 40 Quadratmeter großen 3-Zimmer-Wohnungen ein neues Zuhause finden können. Dafür zahlen sie 10 Jahre lang 80 Real monatlich. Obwohl sie dann Eigentümer sind, dürften sie die Wohnung danach aber nicht weiterverkaufen.
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Haben wir dort die Umsetzung sozialen Wohnungsbaus kennen gelernt, bekommt man in der Herz-Jesu-Gemeinde Nova Iguaçus, einer Partnergemeinde von St. Mariä Himmelfahrt in Ahaus, einen Eindruck von den Lebensbedingungen in besetzten urbanen Wohngebieten. Padre Paulo erklärt den Unterschied zwischen dem Fuß des Berges, an dem die reichere Bevölkerung lebt und den Favelas weiter oben, in die sich die Bewohner von unten nicht hintrauen.
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Hier in der Gemeinde hofft man auf Unterstützung aus Deutschland insbesondere für die Jugendarbeit. Unsere Mitreisende Monika wird sich mit Unterstützung des Aktionskreises Pater Beda dieser Sache annehmen. Man darf gespannt sein, wie sich die Sache weiterentwickeln wird.
Im Bild Monika, Udo Lohoff, der Padre Paulo und Hercilia:
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Ein weiteres Problem, bei dem das Menschenrechtszentrum unterstützt: Vertreibung ohne angemessene Entschädigung. Für das Straßenbauprojekt „Metropolitan Arc“, einer weiteren Verbindungsstraße nach Rio, werden Besitzer, die teilweise seit 50 Jahren hier leben, für nur ein Fünftel des eigentlichen Wertes ihres Landes und Hauses enteignet.
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Industrialisierung im Umfeld der neu gebauten Straße. Diese angrenzende Siedlung wurde bereits an Firmen verkauft:
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Weitere Aufgabenbereiche des Menschenrechtszentrums:

+ Menschenrechtskurse im Haus
+ Rechtsbeihilfe nicht nur in Besitzfragen sondern auch in anderen Bereichen, in denen der Staat nicht funktioniert, wie z.B im Gesundheitswesen, wenn es um die Beantragung von Medikamenten für chronisch Kranke geht
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+ Aufbau einer dezentralen Rechtsberatung im Vorfeld von Prozessen
+ Schulbesuche mit Projektunterricht zum Thema“ Kultur des Friedens“

Eng arbeitet das Menschenrechtszentrum auch mit dem Zeugenschutzprogramm für 80 Personen von Maria de Aperecida zusammen. Menschen werden ermutigt anzuzeigen, wenn ihnen Unrecht wieder fährt, sei es durch Drogenkartelle oder andere Milizen. Sie riskieren ihr Leben.

+ Und last but not least ist dem Menschenrechtszentrum auch ein Kinderheim angegliedert, in das Kinder aufgenommen werden, die familiäre Gewalt erleiden. Innerhalb von 2 Jahren versucht man hier mit ihnen neue Perspektiven aufzubauen. Entweder werden sie nach erfolgreicher Arbeit mit den Angehörigen wieder in die Familien integriert oder aber auch zur Adoption freigegeben. Vera Christina, Rechtsanwältin und Pädagogin leistet hier ausgezeichnete Arbeit:
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In der Mitte Vera Christina:
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