Nach weiteren 550 km fahren wir südlich vorbei an Paraibas Hauptstadt João Pessoa, dem östlichsten Punkt Amerikas, Richtung Recife, der 1,7 Millionen und im Umfeld noch einmal so viele Einwohner zählenden Hauptstadt von Pernambuco. Wo früher der Atlantische Wald war, wird heute auf hunderten von Kilometern Zuckerrohr angebaut. Die Infrastruktur verbessert sich zusehends. Turma do Flau heißt das 1982 gegründete Projekt von Schwester Aurieta und Denise, das die EBGS seit 20 Jahren mit Spendengeldern unterstützt. Dort wohnen wir 4 Nächte inmitten des 40000 Einwohner pro Quadratkilometer zählenden Elendsviertels Brasilia Teimosa.
Wieder laden uns die Menschen aus dem Projekt in ihr Zuhause ein.
Am Tag nach unserer Ankunft, in der Enge der Straße auf’s Wärmste mit Trommeln und Tanz empfangen, besuchen wir Ostersonntag zuerst das vor 10 Jahren entstandene Recanto Frei Beda in Aldeia.
Hier können die Kinder des Projektes Turma do Flau für die Zeit ihres Besuches “die Schöpfung umarmen und von der Schöpfung umarmt werden”:
Gepflegt wird die Anlage von Lucas, der im Alter von knapp einem Jahr in einer Mülltonne gefunden wurde.
Einst begann die Siedlung mit Pfahlbauten im Schlamm als Heimat für Fischer. Die Fotos zeigen uns eine Wohnung in Brasilia Teimosa, wie sie heute aussieht:
Der Einwohnerrat im Viertel ist stark und hat schon viel erreicht, sich vor allem gegen die Spekulanten gewehrt. “Hier schmeißt mich keiner raus”, heißt es in einem hier beliebten Lied. Die Stadt hat auch das Projekt Turma do Flau über Jahre unterstützt, unter dem neuen Bürgermeister ist das städtische Engagement allerdings rückläufig. Während es früher 150-200 Kinder im Alter von 6-17 waren, die hier betreut wurden, und 10 Mitarbeiter, sind es heute nur noch 80 Kinder und 6 Mitarbeiter, die projektgebunden beschäftigt sind. Zu ihnen zählen u.a. Bruno, der die erzieherische Arbeit des Projektes koordiniert, und Valeria, die seit 20 Jahren ebenfalls als Pädagogin im Projekt tätig ist. Schwester Aurieta, die sich auch gegen die katastrophalen Bedingungen in den Gefängnissen einsetzt, ermöglicht zudem Kleinkriminellen Sozialstunden im Projekt zu absolvieren.
Die Aktivitäten Turms do Flaus dienen alle einem Ziel, der Erziehung zum Leben:
Ein ehemaliger Spieler aus der 1. Brasilianischen Fußball-Liga trainiert Jungen und Mädchen des Projektes. Es gibt Unterricht in Informatik und zu Themen, die die Kinder sich wünschen, sowie Unterricht zu speziellen Themen, die dann beim jährlichen Karnevalsumzug präsentiert werden.
In diesem Jahr lautete das Motto: Schluss mit sexuellem Missbrauch in Familien
Der Verkauf von Wassereis durch Kinder, der dem Projekt ursprünglich seinen Namen gab, findet seit etwa 4 Jahren nicht mehr statt. Etwas Geld zu verdienen und sich als produktiv zu erleben, ist angesichts der Sensibilisierung für das Thema Kinderrechte und Kinderarbeit in den Hintergrund getreten.
Bildung für die Zukunft ist die Ausrichtung der Projektarbeit heute, die der Aktionskreis monatlich mit 3000 Euro zuzüglich der Gelder vom Kindermissionswerk unterstützt.
Autorin: Bettina Röttger
Weitere Fotos und Reiseeindrücke des AK Beda im Blog unter:
http://partnerbegegnungbrasilien.blogspot.de/